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Informationen zur Burg
Die Geschichte der Burg Reichenberg beginnt mit einer kalkulierten Frechheit. Markgraf Hermann von Baden errichtet den Bau auf fremden Grund, ohne eigentlich überhaupt eine Burg bauen zu dürfen. Um sich so etwas herausnehmen zu können, musste man schon ein guter Freund des Herrschers oder sehr mächtig sein - am besten beides. Der Regelverstoß erfolgte um 1220, also zur Stauferzeit. Das passt auch gut zur Bauweise mit Buckelquadern, die damals gerade sehr modern war. Die Chorherren von Backnang, denen das Baugrundstück eigentlich gehörte, konnten wohl nichts dagegen ausrichten, denn ihre Machtmittel reichten dafür nicht aus. Ärger machen war aber durchaus möglich und so schloss Markgraf Hermann im Jahr 1231 im Nachhinein einen Vergleich mit den frommen Männern.
Eine Rolle mag gespielt haben, dass er zur Zeit des Baues in den besten Jahren stand, den Vergleich aber im Alter von etwa 40 Jahren schloss. Da dürften die ersten Alterszipperlein langsam schon gezwickt und sich der eine oder andere Zahn verabschiedet haben. Kein Wunder, dass Hermann sich in dieser Lebensphase mit Gott und der Kirche etwas besser stellen wollte.
Charakteristisch für die Burg Reichenberg ist ihr mächtiger, kegeldachbekrönter Bergfried. Ursprünglich war die Anlage wohl noch imposanter, denn es gab einen zweiten Turm. Dazu war der Bergfried noch ein Stockwerk höher - allerdings fehlte das Dach. Den militärischen Wert von Burgen überschätzen wir heute. Auch Reichenberg war eher ein Verwaltungszentrum. Verwaltung hieß im Mittelalter hauptsächlich Gerichtsbarkeit, weshalb der Bergfried über Jahrhunderte als Kerker genutzt wurde. Selbst als die Burg im 16. Jahrhundert Sitz des Oberforstmeisters wurde, änderte sich daran nichts.
Unfreiwillige Gäste der Einrichtung waren nicht nur Verbrecher, sondern auch religiös Verfolgte und der Hexerei Verdächtige. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde die Nutzung als Gefängnis untersagt. Heute wird die Burg von der Paulinenpflege Winnenden als Wohneinrichtung betrieben. Führungen sind nach Voranmeldung möglich.